Dolmetschen und Übersetzen sind in der heutigen globalisierten Welt ein dynamisches Feld, wobei es immer etwas Neues gibt. Daher möchten wir hier immer wieder über neue Entwicklungen und interessante News berichten, und das natürlich auf unterschiedlichen Sprachen!

Finterpreters beim Übersetzen in die Zukunft

Gepostet am January 20, 2020

Am 22.-24.11.19 fand die BDÜ-Fachkonferenz „Übersetzen und Dolmetschen 4.0 – Neue Wege im digitalen Zeitalter“ in Bonn statt. Finterpreters war natürlich auch vor Ort, um sich ein Bild über die neuesten Entwicklungen der Branche zu machen – und auch, um in jederlei Hinsicht beeindruckt zu werden. Denn bei 1000 Teilnehmern aus 25 Ländern kommen auch viel gereiste und konferenzerfahrene Konferenzdolmetscher ins Staunen. Das Programm deckte sämtliche Bereiche des Übersetzens und Dolmetschens ab, wobei es viele parallele Veranstaltungen in Form von Vorträgen, Workshops und Kurzseminaren gab. Da es trotz des digitalen Fortschritts (noch nicht?) möglich ist, sich selbst zu klonen und gleichzeitig an zwei Orten zu sein, haben wir von Finterpreters uns auf verschiedene Veranstaltungen aufgeteilt, um uns so im Anschluss gegenseitig zu berichten.

Wie der Titel der Tagung schon vermuten lässt, ging es um den Wandel, den die Digitalisierung und Automatisierung mit sich bringen. Doch schon zu Beginn war klar, dass entgegen so mancher Behauptung der Beruf der Sprachmittler keinesfalls aussterben wird. Ebenso klar war aber auch, dass die Digitalisierung auch unseren Beruf betrifft und somit den Berufsalltag verändert.

Für Übersetzer ist das Arbeiten mit CAT-Tools und Translation Memorys schon seit Jahren eine Selbstverständlichkeit, auch wenn diese bei ihrer Einführung auf viel Skepsis stießen. Nun ist ein anderes Phänomen unaufhaltbar im Anmarsch: die maschinelle Übersetzung, auch MÜ genannt. Während die durch MÜ produzierten Texte am Anfang eher für Belustigung und Komik sorgten, sind sie heute für manche Textsorten und manche Sprachenpaare schon brauchbar, und zwar dank der seit 2015 entwickelten neuronalen maschinellen Übersetzung (NMÜ). Dies führt aber nicht zur Abschaffung von Übersetzern, sondern zu einer Änderung des Berufsbilds. Denn egal, wie gut eine maschinelle Übersetzung ist, bedürfen die Aufbereitung, Korrektur und Überprüfung der Texte einer menschlichen Hand. Das sogenannte Post-Editing gewinnt hier eine ganz neue Bedeutung. Hierbei können sich die professionellen und hochwertigen Übersetzer durchsetzen, denn wer nur durchschnittlich gut ist – und somit auf lange Sicht nicht spürbar besser als die Maschine – kann keinen deutlichen Mehrwert bieten. Zugleich wächst das Volumen an produzierten Daten und Texten jährlich um sogar 40 %, was auch einen erheblichen Anstieg des Übersetzungsbedarfs mit sich bringt.

Im Bereich Dolmetschen waren die verschiedenen Formen von Ferndolmetschen ein viel diskutiertes Thema. Während sich das konsekutive Videodolmetschen für manche Einsatzarten vor allem beim Dolmetschen im Gemeinwesen eignet, wie z. B. für kurzfristige Einsätze bei Behörden oder Ärzten, kann die Verdolmetschung von Konferenzen damit nicht bestritten werden. Hier kommt dann das sogenannte Remote Simultaneous Interpreting, kurz RSI, ins Spiel. Fast alle Dolmetscher haben es schon einmal erlebt, dass aus Platzgründen die Kabinen in einem Nebenraum aufgestellt waren, wobei das Geschehen im Konferenzsaal auf Monitoren wiedergegeben wurde. Die Vorstellung, dass Dolmetscher künftig kostensparend und im besten Fall im Pyjama von zu Hause aus über eine Cloud-Lösung arbeiten, ist schon allein aufgrund von Datenschutz, Vertraulichkeit und der mangelnden Schallisolierung nicht professionell umsetzbar. Hinzu kommen auch die nicht gewährleistete Übertragungssicherheit – denn zu Hause gibt es keinen für die Dolmetscher und Dolmetschtechnik unabdingbaren professionellen Techniker – sowie die damit verbundenen rechtlichen Haftungsfragen. Die neueste ernstzunehmende Entwicklung für eine RSI-Lösung sind die sogenannten Hubs, die mehrere hochmoderne und komfortable Kabinen inklusive der entsprechenden technischen Betreuung vor Ort bieten, von denen aus eine Konferenz gedolmetscht werden kann, die nicht mehr nur im Nebenraum, sondern beispielsweise sogar auf einem anderen Kontinent stattfindet. Hierbei gilt es zu beachten, dass auch diese Form sich nicht für alle Veranstaltungen eignet, da es bei vielen Events äußerst wichtig ist, dass der Dolmetscher vor Ort ist, um beispielsweise bilaterale Gespräche im Rahmen einer größeren Tagung zu dolmetschen oder für Rückfragen zur Verfügung zu stehen.

Der digitale Wandel bringt auch neue Berufsbilder für Sprachmittler mit sich. Neben den zuvor erwähnten Post-Editoren gibt es einen immer größeren Bedarf an Schriftdolmetschern und Live-Untertitelern. Simultandolmetscher sind für diese Aufgaben besonders geeignet, da sie die hierfür unbedingt erforderlichen kognitiven Fähigkeiten wie Multitasking, gute Analysefähigkeit und schnelles Reaktionsvermögen bereits mitbringen.

Nach drei inspirierenden und hochinteressanten Tagen war klar, dass spannende Neuigkeiten auf uns zukommen. Ebenso klar war es, dass wir auch noch im Zeitalter von 5.0 einen Beruf haben werden, der gefragt ist und uns Spaß macht 🙂